Struktur des Freestyle

Freestyle, oft auch als die schönste Einrad-Disziplin gehandelt, wird sie dennoch in den meisten Fällen missverstanden. Dieser Artikel soll den sportlichen Aufbau von Freestyle erklären.

Freestyle: Disziplin vs. Wettkampf

Der Begriff Freestyle wird im Einradfahren für zwei Dinge mit unterschiedlicher Bedeutung verwendet, nämlich die Disziplin Freestyle und den Wettkampf Freestyle. Eine distinktive Betrachtung dieser zwei Begriffe macht ein Verstehen erst möglich.

 

Disziplin: Freestyle

Einradfahren bietet sehr viele Disziplinen: Hockey, Basketball, Muni, Flatland, etc. und eben auch Freestyle. Die Disziplin Freestyle ist im Vergleich zum Freestyle Wettkampf eine hierarchische Schicht höher.

Freestyle ist, ähnlich wie Gerätturnen, Tanzen, Eiskunstlauf, etc., eine technisch-kompositorische Sportart. Das bedeutet, die Technik (in unserem Fall Tricks und Artistik) sind die dominante sportliche Leistungskomponente. Kompositorisch heißt, dass die Techniken miteinander kombiniert und zu einem großen Gesamtbild zusammengefügt werden (Gegenüber stehen Sportarten/Disziplinen in denen es genau auf eine Technik ankommt, etwa Hoch- und Weitsprung).

Dictonary.com liefert hierfür eine gute Definition für Freestyle: „a performance or routine featuring relatively free, unrestricted movement or intended to demonstrate an individual’s special skills or style, as in figure skating, gymnastics, or surfing.“ Die Definition ist natürlich auch für die Disziplin Einrad-Freestyle gültig. Die englische Wikipedia hat eine Liste mit anderen Sportarten die Freestyle in ihrem Namen haben, die auch der obigen Definition entsprechen.

Wettkampf: Freestyle

Mit den Wettkämpfen sind Individual, Pair und Group Freestyle gemeint. Eine hierarchische Ebene unterhalb bzw. innerhalb der Disziplin Freestyle.

Die deutsche Wikipedia gibt eine kurze, aber präzise Definition für Freestyle: „Freestyle ist eine Bezeichnung für die freie Improvisation“. Aber wie passen Improvisation (Freestyle) und eine Kür zusammen? Garnicht! Sie sind das genaue Gegenteil zueinander. Zum Glück gibt es eine Definition die für Freestyle und Kür in anderen Sportarten wie Tanzen oder der Rhythmischen Sportgymnastik anerkannt ist. Die Definition nutzt die Musikalische Repräsentation und kann natürlich auch auf die Einrad-Freestyle Wettkämpfe angewendet werden (Pavicic, 2007, S. 87f):

Kür/Routine: Choreographierte Bewegungen

Freestyle: Zur Musik improvisierte Bewegungen

Freestyle wurde schon in den frühen 80er Jahren als musikalische Repräsentation während der Breakdance Revolution genutzt, als B-Boys und B-Girls anfingen ihre Bewegungen zur Musik zu improvisieren (das galt damals revolutionär).

Die Komponenten des Freestyle

Viele kompositorische Sportarten bestehen aus drei Komponenten. Allgemein gesprochen sind das: Objekttechnik, Körpertechnik und Choreographie.

Nahezu jeder Sport prägt dafür aber auch eigene Begriffe. Im Einradfahren ist das Objekt natürlich das Einrad und die gezeigten Techniken sind natürlich die Tricks. In anderen Sportarten, z.B. Rythmische Sportgymnastik sind Objekte die Handgeräte Band, Ball, Keulen usw. Im Gerätturnen die unterschiedlichen Geräte und die gezeigten Techniken sind die geturnten Elemente. Statt Körpertechnik wird der Begriff „Artistik“ verwendet. Die nachfolgende Abbildung zeigt die Komponenten des Einrad-Freestyle.

Tricks

Tricks sind die objektspezifischen Techniken im technisch-kompositorischen Einradfahren. Diese werden in mehreren Structs gruppiert. Tricks zeigen außerdem eine Hierarchie und eine Menge Ähnlichkeiten die sie miteinander in Beziehung bringt. Heute, so schätzt man, gibt es ungefähr 1000 unterschiedliche Einrad Tricks. Primäre Merkmale des Tricks sind seine Schwierigkeit und die Qualität der Bewegungsausführung.

Artistik

Artistik (oder Körpertechnik) bezeichnet alle Bewegungen und Ausdrücke die eine Person ihrem Körper vollführt. Die Bewegungen mitsamt ihrer Technik stammen aus drei großen Feldern: Tanzen, Schauspiel und Akrobatik.

  • Aus dem Tanzen sind jede Menge Techniken bekannt, die genutzt werden können. Von einem Isolations geprägten Jazztanz mit seinen Techniken (etwa Popping und Locking) zu Modern Dance Tanzstil mit seinen Techniken (etwa Contract & Release und Fall & Recovery).
  • Schauspiel fokussiert das Mimik und Gestikspiel. Gefühle können sowohl mit Schauspiel als auch mit Tanzen ausgedrückt werden, wobei das Tanzen sicherlich die abstraktere Form darstellt.
  • Unter Akrobatik werden konditionell und koordinative Bewegungen verstanden. Man könnte sogar Einradfahren als Akrobatik zählen, träte man einen Schritt zurück und betrachte den Sport als Ganzen. Da wir aber übers Einradfahren sprechen, ist das außen vor. Alle anderen, nicht Einradfahren, genannten Akrobatiken sind hier gemeint.

Ein Wort zu Ballet. Es steht seit jeher im Regelwerk (im gleichen Atemzug mit Jazztanz und Modern Dance). Dieser Satz ist zur Beschreibung von Artistik (bzw. Präsentation) vollkommen ausreichend. Mit Ballet werden wohl nur die bekannten Vorurteile verbunden. Ballet ist die Basis für die meisten Sportarten (so haben NHL Teams zum Beispiel 2 Trainingseinheiten Ballet pro Woche). Ballettraining ist Ideal geeignet um die Grundspannung zu trainieren und erfüllt damit ein sehr gutes Präventionstraining. Auf der anderen Seite, für Tanzorientierte Sportarten, wird damit natürlich auch die nötige Eleganz trainiert (sogar Arnold Schwarzenegger hatte Ballettraining um bei seiner Präsentation als Body Builder eleganter aufzutreten).

Ab jetzt wird der Begriff Artistik, wie hier beschrieben, verwendet.

Choreographie

Die englische Wikipedia liefert einer sehr gute Definition: „Choreography is the art of designing sequences of movements in which mo on, form, or both are specified. Choreography may also refer to the design itself. The word choreography literally means „dance-writing“ from the Greek words „χορεία“ (circular dance, see choreia) and „γραφή“ (writing). A choreographer is one who creates choreographies by practicing the art of choreography“. Unter Choreographie werden die zwei anderen Komponenten (Tricks und Artistik) zusammengeführt.

Die Wettkampflandschaft

Aus den genannten Komponenten lässt sich die Wettkampflandschaft für die Disziplin Freestyle ableiten. Die Komponenten lassen sich als Schichten aufstapeln. Die Schichten können kombiniert werden, solange die unteren Schichten mit einbezogen werden. Bei gleicher SchichtKombination lassen sich mehrere Wettkämpfe bilden, die sich dann in ihrem Modus unterscheiden.

UniDancing

UniDancing kombiniert alle drei Komponenten miteinander. Im besten Fall besteht ein ausgewogenes Gleichgewicht an Tricks und Artistik. UniDancing prägt sich vor allem dadurch, dass extravagante Tanz Moves, coole Akrobatik und/oder sehr bewegendes Schauspiel gezeigt wird. Die Choreographie verbindet die Tricks dazu. UniDancing kann als Einzel, Paar oder in der Gruppe gezeigt werden.

Freestyle

Freestyle in seiner „freien Improvisation“ zur Musik. Der Fahrer bekommt Musik vorgespielt (die sich der Fahrer nicht aussucht) und muss sie dann mittels Artistik und Tricks interpretieren.

Freestyle Battles

In Ergänzung zum o.g. Freestyle Wettkampf. Diese Art ist hauptsächlich vom Breakdancing beeinflusst. Hier werden Moves und Tricks zur Sprache der Kontrahenten. Körpersprache wird zur Waffe des Battles. Kann im 1 gegen 1 oder, 2 gegen 2 oder im Team gegen Team Modus stattfinden.

Anmerkung: Bei Freestyle Battles handelt es sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt um einen fiktiven Wettkampf.

X-Style

Im X-Style geht es nur um Tricks. Musik wird gespielt, aber weder musikalische Interpretation noch Repräsentation werden gewertet. 2 Minuten in denen der Fahrer seine Tricks zeigt.

Flatland

Im Zuge der Vollständigkeit. Bei Flatland geht es auch um die Tricks. Der Gewinner geht aus einem Turnier hervor indem 2 Kontrahenten gegeneinander Battlen. Die Waffen des Battles sind allein die Tricks, keine Körpersprache.

Literatur

Pavicic, C. (2007). Hip Hop Dancing Bodies. Hamburg: Dr. Kovac